Hundeschule
Schwerte

Präsent sein „am anderen Ende der Leine“

Wie ein bewusster Umgang mit deinem Hund Training und Alltag verändert


In vielen klassischen Hundeschulen geht es vor allem um Signale, Gehorsam und „Problemlösungen“. In meinem Training bei justDog geht es zuerst um etwas anderes:
um Beziehungsqualität, Sicherheit und einen wachen Blick dafür, wie es deinem Hund wirklich geht.

Ich nenne das eine bewusste, zugewandte Haltung im Umgang mit dem Hund. Sie ist die Grundlage für jedes Training, gerade bei Hunden, die schnell gestresst, ängstlich oder reaktiv sind.

Was bedeutet „achtsam mit Hund leben“ konkret und was nicht?

Für mich heißt das nicht, dass du perfekt meditierend über die Hundewiese schwebst oder jede Sekunde „optimierst“. 😉


Es bedeutet vielmehr:

  • du nimmst deinen Hund als echten Partner wahr und nicht als ein „Projekt“, das funktionieren soll
  • du beobachtest seine Körpersprache, statt nur auf ein korrektes „Sitz“ und „Platz“ zu achten
  • du fragst dich: „Was braucht er gerade?“ und nicht nur: „Was soll er tun oder lassen?“
  • du überforderst ihn nicht bewusst, sondern gestaltest Situationen so, dass Lernen überhaupt möglich ist

Diese Haltung wirkt in jede Entscheidung hinein:
Welche Wege ihr geht, wie du mit der Leine umgehst, wie du Nähe anbietest, wie du unangenehme Dinge ankündigst (z.B. das Pfoten abtrocknen) und wie du in schwierigen Momenten reagierst.

Warum das mehr ist als nur ein „nice to have“ – ein Blick in die Forschung

Aus der Verhaltensbiologie und Psychologie wissen wir:

  • Hunde zeigen Stress u.a. über ihre Körpersprache:
    • vermehrtes Gähnen
    • Lecken über die Nase
    • den Blick abwenden
      • das sind sogenannte „deeskalierende Signale“
    • oder kurzes Einfrieren des Körpers
      • das ist schon ein Konfliktsignal

Diese Signale werden leider sehr häufig von uns Menschen übersehen oder als „lustig“ interpretiert, sind aber oft ein deutlicher Hinweis auf Unsicherheit. Je mehr, je schneller der Hund „deeskalierende“ Signale zeigt, umso gestresster ist er. Wann immer verschiedene Motivationen im Hund aufeinandertreffen, die nicht miteinander vereinbar sind, entsteht ein Konflikt!

Werden Stresssignale über längere Zeit ignoriert, kann das Verhalten „kippen“: aus Unsicherheit wird leicht Abwehr, aus der inneren Anspannung heraus reagiert der Hund dann plötzliches mit Bellen, Anspringen oder Schnappen.

  • Ein verlässlicher, feinfühliger Kontakt zum Menschen kann Stress nachweislich reduzieren und das Wohlbefinden von Hund und Mensch verbessern. Studien zeigen z.B., dass die Interaktion mit Hunden Stresshormone wie Cortisol senken und Resilienz (Wiederstandsfähigkeit) fördern kann.
  • Auch für uns Menschen kann ein bewusster, präsenter Kontakt mit dem eigenen Hund die psychische Gesundheit stärken u.a. durch mehr positive Emotionen und bessere Stressregulation.

Kurz gesagt:
Wie aufmerksam du deinen Hund wahrnimmst und wie fein du reagierst, hat direkten Einfluss auf seine Lernfähigkeit, sein Verhalten und euer gemeinsames Wohlbefinden.

Meine Trainingsgrundlage: positiv, bedürfnisorientiert und nach dem LIFE-Modell

Ich arbeite seit vielen Jahren mit einem klaren, wissenschaftlich fundierten Rahmen:

  1. Positive Verstärkung & bedürfnisorientiertes Training
    Verhalten, das wir häufiger sehen wollen, wird durch passende Belohnungen gestärkt, wie z.B. Futter, Spiel, Raum geben, Schnüffeln, sichere Nähe. Strafe, Schreckreize oder Schmerzen haben in meinem Training keinen Platz. Studien haben ergeben, dass belohnungsbasiertes Training nicht nur effektiv ist, sondern auch die Bindung zwischen Hund und Mensch verbessert und deutlich weniger Nebenwirkungen hat als strafbasiertes Training.
  2. „LIFE“ statt Druck: Least Inhibitive, Functionally Effective
    Ich orientiere mich am LIFE-Modell (Least Inhibitive, Functionally Effective). Vereinfacht bedeutet das:
    • Wir hemmen / hindern den Hund so wenig wie möglich in seiner Freiheit und seinem Ausdruck.
    • Wir fragen: „Welchen Zweck erfüllt dieses Verhalten für den Hund?“ – und bieten funktionale Alternativen!!!
    • Erfolg im Training bedeutet für mich nicht nur, dass ein unerwünschtes Verhalten „weg“ ist, sondern dass es dem Hund mit dem alternativen Verhalten auch deutlich besser geht.

Das LIFE-Modell baut auf Konzepten wie LIMA (Least Intrusive, Minimally Aversive) auf, geht aber einen Schritt weiter, indem es Wahlmöglichkeiten und Wohlbefinden noch stärker in den Mittelpunkt stellt.

  1. Keine „Schnellreparaturen“, sondern nachhaltige Lösungen
    Ich möchte dir nicht beibringen, wie du deinen Hund „zurecht ruckst“. Ich möchte dir zeigen, wie du verstehst, warum er sich so verhält, und wie ihr gemeinsam zu mehr Sicherheit, Entspannung und Handlungsspielraum kommt, ohne Gewalt, ohne Demütigung, ohne Drohung. Nur so kannst du auf Dauer ein zuverlässiges alternatives Verhalten im Alltag fest etablieren

Wie sieht das im Alltag konkret aus?

1. Körpersprache lesen – dein Hund „spricht“ mit dir

In meinen Trainings schauen wir sehr genau hin:

  • Wann leckt er sich über die Nase?
  • Wann wendet er den Blick ab?
  • Wann friert er kurz ein?
  • Wann verändert sich dies Atmung?

Solche Signale sind eher leise, kleine Frühwarnsignale für steigende Anspannung, bevor es zu lautem Bellen, in die Leine springen oder Schnappen kommt.

In meinen Trainingseinheiten üben wir gemeinsam:

  • diese Zeichen rechtzeitig zu erkennen
  • sie richtig einzuordnen
  • um dann früh passende Verhaltensweisen anzubieten:
    • Abstand ermöglichen
    • eine andere Position einzunehmen
    • oder dem Hund einfach eine kurze „Auszeit“ ermöglichen.

So wird dein Hund nicht „plötzlich aggressiv“, sondern du verstehst die Schritte davor – und kannst ihn rechtzeitig unterstützen.

2. Vorher ankündigen statt „überfallen“

Viele Hunde erschrecken sich, wenn wir sie plötzlich anfassen, anleinen oder einfach irgendwo festhalten. Das kann zu Abwehrverhalten führen oder dazu, dass dein Hund sich „innerlich“ von dir abwendet.

Ich arbeite seit vielen Jahren mit klaren verbalen Ankündigungen, z.B.:

  • „Smilla, anleinen.“
  • „Smilla, helfen.“ (wenn ich an ihrem Körper etwas tun muss, z.B. Zecke entfernen, Pfote säubern, was sie als unangenehm empfindet)
  • „Smilla, möchtest du kuscheln?“
    •  Dann schaue ich, wie sie darauf antwortet, „ja, bitte“ oder „nein, jetzt nicht“

Diese einfachen Sätze sind keine „Zauberworte“, sondern:

  • machen Abläufe für den Hund vorhersehbar
  • geben deinem Hund ein Mitspracherecht.
    • er soll lernen, das er jederzeit „Nein“ sagen darf und du das ernst nimmst und respektierst
  • senken nachweislich das Stresslevel, weil Vorhersagbarkeit und Kontrolle wichtige Bausteine für Wohlbefinden sind, bei Menschen und bei Tieren.

Gerade bei Hunden, die schlechte Erfahrungen mit Berührungen, Tierarztbesuchen oder Pflegemaßnahmen gemacht haben, erlebe ich mit diesem Vorgehen immer wieder tiefgreifende Veränderungen:
Es wird aus dem „Über-sich-ergehen-Lassen“ ein echter Dialog.

3. Kommunikativer Spaziergang statt „Kilometer abreißen“

Beim kommunikativen Spaziergang geht es nicht darum, möglichst weit zu laufen oder den Hund besonders gut „auszulasten“.
Im Mittelpunkt steht:

  • in Ruhe loszugehen
  • auf die Umgebung und auf deinrn Hund zu achten
  • häufiger kurz stehen zu bleiben, innezuhalten, Pausen zu ermöglichen
  • deinen Hund zu fragen: „Alles okay mit dir?“, und seine Antwort in seiner Körpersprache zu finden

Wir bauen gemeinsam kleine Rituale ein:

  • ein festes Startsignal („Jetzt geht’s los“),
  • Pausen zum ausgiebigen Schnüffeln und Umwelterkundung
  • klare Hilfen in schwierigen Momenten (z.B. wenn ein anderer Hund zu nah kommt)

Gerade bei jungen Hunden oder Hunden mit vielen Unsicherheiten ist dieser aufmerksame, ruhige Spaziergang oft der Moment, in dem ihre Bezugspersonen mir hinterher dann oft sagen: „Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, wir sind wirklich zusammen unterwegs und nicht jeder für sich alleine.“ Schön, oder?

4. Management und Umweltgestaltung

Bewusster Umgang bedeutet auch:
Dein Hund musst nicht jede Situation „aushalten“ oder „durchstehen“.

Bevor wir mit dem eigentlichen Training starten, schauen wir immer erstmal auf:

  • Wohnsituation & Tagesstruktur: Wo benötigt dein Hund mehr Ruhe? Wann wird er von Reizen „überflutet“?
  • Spazierwege: Wann und wo gehst du mit deinem Hund. Müssen es die engsten Gehwege zur Rushhour sein oder gibt es Alternativen mit mehr Abstand?
  • Regeln im Umfeld: Wie können in der Familie, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft einfache Verhaltensregeln im Umgang mit deinem Hund etabliert werden, so dass dein Hund nicht permanent überfordert ist.

Viele, gerade verhaltensauffällige Hunde, entspannen deutlich durch einfaches Management und veränderte Umgebungen, die besser zu ihren Bedürfnissen passen.

Erst dann können wir fair und nachhaltig trainieren.

Für wen ist dieser Ansatz besonders wertvoll?

Mein Trainingsstil ist besonders passend, wenn du dich in einem oder mehreren Punkten wiederfindest:

  • Dein Hund reagiert schnell gestresst, ängstlich oder laut, vor allem draußen oder bei Besuch.
  • Du möchtest nicht mehr strafen, sondern verstehen und verändern.
  • Du fühlst dich von Standard-Gruppenkursen überfordert oder nicht gesehen.
  • Du lebst mit einem Hund aus dem Tierschutz, einem sogenannten „Problemhund“ oder einem Hund mit spezieller Aufgabe (z.B. Schulhund) und willst ihm gerecht werden.
  • Du hast das Gefühl: „Wir zwei passen eigentlich gut zusammen, aber irgendetwas läuft hier noch nicht rund.“

Dann bist du bei mir richtig.

Drei kleine Alltagsschritte, mit denen du heute starten kannst


Wenn du nach diesem Text etwas konkret ausprobieren möchtest, kannst du dir Folgendes vornehmen.

Täglich mindestens drei „körpersprachliche“ Signale deines Hundes bewusst wahrnehmen:
Notiere dir:
„Jetzt gähnt er, obwohl er nicht müde ist. Was könnte der Auslöser dafür sein?
„Jetzt leckt er über die Nase! Ah, ein Jogger näher sich schnell und frontal“
„Jetzt friert er kurz ein, bevor er bellt.“
Diese Beobachtungen sind der erste Schritt zu mehr Verständnis.
 
Eine neue Ankündigung einführen:
Wähle eine Alltagssituation (Anleinen, ins Auto einsteigen, die Pfoten sauber machen) und kündige sie ab heute immer mit demselben ruhigen Satz an.
Schau, wie sich das Verhalten deines Hundes über mehrere Tage hinweg in diesen Situation verändert.

Einen Spaziergang bewusst langsamer gestalten:
Plane einen Weg, bei dem es nicht um Strecke geht, sondern um Kommunikation:

  • Stelle dein Handy auf lautlos
  • atme ganz bewusst tief ein und aus
  • bleib vermehrt stehen
  • lass deinen Hund mehr schnüffeln
  • ermögliche deinem Hund ruhige Umwelterkundung

Wie ich dich und deinen Hund begleite

In meinen Einzeltrainings, Online-Beratungen und Workshops arbeite ich mit dir Schritt für Schritt daran,

  • deinen Hund besser zu verstehen,
  • eure Alltagsroutinen so anzupassen, dass ihr beide durchatmen könnt,
  • passende Trainingsbausteine auszuwählen, die zu eurem Leben passen und nicht zu starren Vorstellungen von „Gehorsam“.

Du darfst mit all deinen Fragen kommen und auch mit deiner Unsicherheit, Frustration oder Sorge.
Ich „bewerte“ weder dich noch deinen Hund. Wir schauen gemeinsam hin und finden Wege, die freundlich, machbar und wirksam sind.

Wenn du das Gefühl hast: „Genau so möchte ich mit meinem Hund arbeiten“,
dann melde dich gerne bei mir für ein Erstgespräch vor Ort in Schwerte oder online.

Ich freue mich darauf, euch kennenzulernen.

Ulrike Schöttler
Verhaltenstrainerin für Menschen mit Hund – justDog

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